1969 – 1985: Vorsprung durch Technik

1969 findet NSU einen starken Partner – die Volkswagen AG in Wolfsburg. Am 10. März wird rückwirkend zum 1. Januar ein Verschmelzungsvertrag abgeschlossen, der die Fusion der „NSU Motorenwerke AG“ mit der VW-Tochter „Auto Union GmbH“ beinhaltet. Hauptsitz der neuen „Audi NSU Auto Union AG“ wird Neckarsulm. Die Fusion wird seitens Auto Union und VW gerne als „die Heirat mit einer Tochter aus gutem Hause“ bezeichnet. Beide Unternehmen befinden sich in einer guten wirtschaftlichen Ausgangslage und man schaut optimistisch in eine gemeinsame Zukunft.

In Neckarsulm wird das Produktionsprogramm erweitert. Neben NSU-Modellen laufen ab 1970 auch Audi-Modelle vom Band. AUDI NSU produziert im Fusionsjahr 264.714 Automobile mit insgesamt 26.595 Beschäftigten, davon 11.504 in Neckarsulm. 1970 läuft in Neckarsulm das einmillionste Auto seit

Wiederaufnahme der Automobilproduktion im Jahr 1957 vom Band. Der Leitsatz „Vorsprung durch Technik“ wird geboren. Er steht bis heute für das fortschrittliche Unternehmen. 1970 ist für Neckarsulm aber auch ein schicksalsreiches Jahr: Das Werk hat mit Hochwasserschäden in Höhe von acht Millionen Mark zu kämpfen. Auch Teile der Stadt Neckarsulm sind vom Hochwasser betroffen. Das Gemeinschaftsprojekt Sulm-Verdolung der Stadt Neckarsulm und AUDI NSU wird ins Leben gerufen und 1975 erfolgreich abgeschlossen.

Das Jahr 1973 geht als Jahr der leeren Autobahnen in die Geschichte ein. Die anhaltende Energiekrise nagt an der Existenz vieler deutscher Unternehmen.

1975 gilt die Schließung der Werke Neckarsulm, Heilbronn und Neuenstein als beschlossene Sache. Doch VW erlebt den

Überlebenswillen der Mitarbeiter und der Region. Am 18. April 1975 marschieren mehr als 7000 Mitarbeiter mit dem damaligen Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Neckarsulm und späteren IG Metall-Vorsitzenden, Klaus Zwickel, an der Spitze samt Sympathisanten aus der Region in einer spontanen Protestaktion nach Heilbronn und zurück. Vieltausendfach erklingt der Ruf „Wir wollen Arbeit“. Überall halten Menschen Plakate und Spruchbänder in der Hand. Geschäfte bleiben aus Loyalität zu den „AUDI-NSUlern“ geschlossen. Für alle ist klar: „AUDI NSU muss bleiben!“

So viel Herzblut und das solidarische Engagement einer Koalition aus Gewerkschaft, Betriebsrat, Firmen der Region, (Kommunal-)Politik und Publizistik lässt die Wolfsburger einlenken. Der Mutterkonzern ändert seine Meinung in letzter Sekunde und sucht nach einer Lösung, um das Werk

in Neckarsulm zu erhalten. Bundes- und Landesregierung sichern dem Automobil-Standort Neckarsulm Unterstützung zu. Von den ursprünglich 10.526 Arbeitsplätzen können letztendlich 6.466 erhalten werden. Das Werk Heilbronn wird verkauft. Das Werk in Neuenstein wird verkauft; es setzt seinen Betrieb als selbständiges Zahnradwerk Neuenstein GmbH & Co. KG fort.

Im selben Jahr (1975) beginnt die Fertigung von Porsche-Modellen (924, später 944) im Lohnauftrag. Dies sichert bis 1991 die Auslastung des Werkes. Insgesamt werden in Neckarsulm 313.220 Porsche produziert. Zwei Jahre nach der verhinderten Schließung des Werkes Neckarsulm wird die Produktion von NSU-Modellen eingestellt. 1977 läuft der letzte Ro 80 vom Band. Der Name NSU steht nicht mehr für Produkte aus Neckarsulm.

1980 sorgt der von AUDI NSU in Ingolstadt entwickelte permanente Allradantrieb „quattro“ für Furore. Diese Errungenschaft verhilft dem Automobilbauer zu internationaler Anerkennung. Mit diesem Antrieb nimmt AUDI NSU seine Motorsport- Aktivitäten wieder auf: Das Unternehmen gewinnt 1982 und 1984 die Rallye-Markenweltmeisterschaften und 1983 die Rallye-Fahrermeisterschaft mit dem legendären „Urquattro“, dem so genannten „Audi quattro A1“.

Der Audi 100 der 3. Generation holt 1983 mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,30 den Weltrekord und wird zum „Auto des Jahres 1983“ gekürt. In den Jahren 1981 bis 1985 wächst der Umsatz aufgrund der steigenden Nachfrage von 5.774 Millionen auf 9.611 Millionen Mark. In diesem Zeitraum werden an beiden Standorten 3.415 Millionen Mark in die Modernisierung investiert.

Von 1980 bis 1982 werden in Neckarsulm für 77 Millionen Mark die Lackiererei und für 280 Millionen Mark der Karosseriebau erweitert. Zwei Jahre später werden 230 Millionen Mark in den Bau einer Montagehalle gesteckt. Danach ist der Grundstein für die Fertigung von Premium-Modellen im großen Stil gelegt. 1984 hat das Werk 11.547 Mitarbeiter.

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