Marsch auf Heilbronn

Der legendäre, als „Marsch auf Heilbronn“ bekannt gewordene Demonstrationszug der NSU Belegschaft am 18.04.1975 war eine halb-spontane Aktion. Fest stand zunächst nur, dass an diesem Tag nach der Vesperpause eine Betriebsversammlung stattfinden sollte. Die Belegschaft des Heilbronner Werkes sollte ebenfalls eine Aktion starten, eventuell einen Protestmarsch in die Stadt. Als ein Betriebsrat aus Heilbronn im Werk Neckarsulm beim Pförtner anrief, war dies der Startschuss auch für die Neckarsulmer und die Tore wurden geöffnet.

„Die Mannschaft ist marschiert, und zwar ausnahmslos alle: Die Kolleginnen in hohen Schuhen, die Männer im Monteuranzug.“ Klaus Zwickel, Vorsitzender der Neckarsulmer IG Metall.

Am Morgen des 18. April 1975 starteten rund 7.000 Beschäftigte zu einem vierstündigen Protestmarsch nach Heilbronn, um nochmals gegen die Kürzungspläne des VW-Konzerns zu demonstrieren und den Audi-NSU-Aufsichtsrat zu einer Ablehnung der Vorgaben aus Wolfsburg zu bewegen. Die Route führte aus Neckarsulm heraus, auf der B27 in Richtung Heilbronn. Nach einer Kundgebung auf dem Markplatz zog die Belegschaft zur Allee und danach wieder Richtung Neckarsulm. Nach knapp vier Stunden kamen die Kolleginnen und Kollegen erschöpft, manche barfuß, zurück ins Werk Neckarsulm.

Dieser Marsch, der auf ein breites Echo in den Medien stieß, bildete den Höhepunkt der von der IG Metall angestrebten Mobilisierung der Öffentlichkeit für den Kampf um die Erhaltung der Arbeitsplätze in Neckarsulm.

Dabei war dieser Marsch für jeden einzelnen Teilnehmer mit einem hohen Risiko verbunden. Das Management, darunter der damalige Werkleiter August Rappold und der Personalleiter H.F. von Knobelsdorf warnten auf einem Aushang im Werk: „Eine Arbeitsniederlegung und erst recht das Verlassen des Werksgeländes während der Arbeitszeit sind Verstöße gegen die vereinbarte […] mit den daraus eventuell notwendig werdenden Maßnahmen.“

Ob der Marsch dazu beigetragen hatte, die im Grunde bereits beschlossenen Maßnahmen zu bekräftigen mag dahin gestellt bleiben. Für das Werk Neckarsulm, für die gesamte Region war er ein Zeichen der Solidarität und des Zusammenhalts, das bis heute die Belegschaft im Audi Werk Neckarsulm prägt und auszeichnet.