Das Unternehmen

Die Nachkriegsjahre verliefen auch bei NSU so wie in den meisten Industrieunternehmen in Deutschland: Beseitigung von Schutt und Trümmern, Produktionsanlauf mit Vorkriegstypen in geringen Stückzahlen, nach der Währungsreform Aufschwung zur Befriedigung des angestauten Nachholbedarfs. In ganz besonderer Weise war davon alles betroffen, was der Mobilität diente und in den so knappen Anfangsjahren bezahlbar war – Fahrräder, Motorräder, Motorroller und Automobile, insbesondere Kleinwagen.

Bei NSU begann die Nachkriegsfertigung mit dem Motorfahrrad Quick, der 125 ZDB und der 251 OSL. Die Fertigungszahlen schnellten in die Höhe. Ab dem 1. Juli 1946 dirigierte Walter Niegtsch als Vorstandsvorsitzender die Geschicke des Unternehmens. Er veranlasste nicht nur einen raschen Ausbau der Motorradfertigung, sondern bestätigte auch den Drang des Chefkonstrukteurs Albert Roder zu Neukonstruktionen. Niegtsch

sorgte schon sehr früh für die Wiederbelebung des Exportgeschäfts und hat alles in allem den Grundstein für das NSU Wachstum nach dem Krieg gelegt.

Nach seinem Tod 1951, trat als Nachfolger Gerd Stieler von Heydekampf an seine Stelle. Der expansive Kurs wurde beibehalten. 1954 sind in Neckarsulm 250 Fahrräder, 350 Roller und Motorräder sowie 1.000 Quicklys pro Tag gefertigt worden. Im Jahr darauf erlebte das Unternehmen mit einer Produktion von rund 50.000 Fahrrädern und 300.000 motorisierten Zweirädern seinen absoluten Höhepunkt.

NSU war die größte Motorradfabrik der Welt. Deutschlands meistgekaufte Motorradmarke war NSU. Dennoch kamen auch die ruhm- und ertragreichen Neckarsulmer nicht um die Erkenntnis herum, dass der Zweiradboom zu Ende ging und daher dringend etwas unternommen werden musste, um den Umsatz nicht wegbrechen zu lassen. Nächstliegender Ausweg

war die erneute Produktionsaufnahme von NSU Automobilen – logisch! Allerdings hatte man Schwierigkeiten, dem Fiat Konzern die entsprechende Zustimmung zu entlocken. Seinerzeit, im Jahr 1929, hatten sich die Neckarsulmer ja vertraglich dazu verpflichtet, niemals wieder Autos unter der Marke NSU anzubieten, um die den Italienern gehörende und in Heilbronn ansässige Automobilfabrik nicht zu gefährden. Die vertrieb ihre Produkte immer noch unter den Markennamen NSU/Fiat sowie Neckar, vormals NSU Heilbronn. Erst 1966 wurden diese Markennamen nach langem Rechtsstreit von Fiat fallen gelassen. Von da an wurde nur noch der Name Neckar verwendet, ab 1968 nur noch Fiat.

Die Wiederaufnahme des NSU Automobilbaus fiel auf das Jahr 1958. Im gleichen Jahr erlebten die Neckarsulmer einen weiteren Schritt zur langfristigen Zukunftssicherung: Am 1. Februar 1957 zündete zum ersten Mal ein Drehkolbenmotor Bauart Wankel auf dem NSU Prüfstand und lief!

Seit 1953 hatte man gemeinsam mit Felix Wankel die Idee des Rotationskolbenmotors verfolgt, dessen Vervollkommnung Wankel im Jahr darauf mit einem entscheidenden Schritt gelang, als er die Dreikammerbauweise fand, die ohne Ventile betreibbar war. 1958 entwickelten NSU Ingenieure die effektivere Form des Kreiskolbenmotors. Intensität, Umfang und Kosten der Entwicklungsarbeit stiegen, und Resultate waren noch in weiter Ferne.

Ab 1960 firmierte das Unternehmen als NSU Motorenwerke AG Neckarsulm. 1963 stand auf der Internationalen Automobilausstellung der NSU/Wankel Spider. Er war das erste serienmäßige Auto mit Kreiskolbenmotor überhaupt. 1966 lief das letzte NSU Zweirad – eine Quick 50 – vom Band, nachdem von Gründung des Unternehmens an 1,75 Mio. Fahrräder und 2,3 Mio. motorisierte Zweiräder das Werk in Neckarsulm verlassen hatten. Die Motorradfertigung wurde eingestellt. Die Produktionsanlagen für die Fahrräder waren schon 1963 verkauft worden.

Bilder Die Fusion